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Bildungsentzug im deutschen Gefängnis!

Der heutige Strafvollzug soll eigentlich Gefangenen in Deutschland die Möglichkeit bieten, sich beispielsweise durch Fernunterricht fort- und weiterzubilden (vgl. § 67 Satz 2 Strafvollzugsgesetz). Nach aktueller Rechtssprechung gilt dies jedoch nur für fügsame und angepasste InsassInnen.

Obwohl ich seit nunmehr fast 7 Jahren in strenger Isolationshaft sitze (sieht man von einer kurzzeitigen Phase der "Lockerung" 1998 von wenigen Wochen Dauer ab), verweigert die Justizvollzugsanstalt Bruchsal seit 1998 strikt die Genehmigung des Fernstudiums an der FernUniversität Hagen und wird dabei auch vom zuständigen Gericht unterstützt. Mir wird zur Last gelegt, ich würde mich dem Diktat der Zwangsarbeit (zum Arbeitszwang im Strafvollzug vgl. § 41 StrVollzGes; vgl. auch den Artikel über "25 Jahre gesetzlich geregelte Zwangsarbeit in Deutschland") widersetzen und folglich wäre mein "Vollzugsziel" gefährdet, würde man mir die Teilnahme am Fernstudium zubilligen.

Was ist mein "Vollzugsziel"? Der Bestimmung des § 2 StrVollzGes folgend, soll der/die Gefangene im Vollzug der Freiheitsstrafe fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Gestattete man mir, so das Gericht, am Fernstudium teilzunehmen, würde mich dies in meinem Entschluss bestärken, die mir - angeblich - angebotene Arbeit zu verweigern (Landgericht Karlsruhe, Richter KLEINHEINZ, Az. 15 STVK 121/02, Beschluss 23.6.2003, Seite 30), was wiederum das "Vollzugsziel" gefährde.

Das Gericht scheut sich in seinem Beschluss nicht, mir ein mögliches kindisches Verhalten zu unterstellen, wenn es ausführt, dass ich zwar theoretisch Anspruch auf Zulassung zum Fernstudium hätte, sofern nur sichergestellt sei, dass ich mich ausserhalb der regulären Arbeitszeiten mit dem Stoff beschäftige (denn da ich die Arbeit verweigern würde, dürfe ich mich gerade nicht während der für die Gefangenen geltenden Arbeitszeit intellektuell beschäftigen). Es könne, so das Gericht, jedoch nicht gewährleistet werden, dass ich "einzelne Blätter aus dem Skript ... (der Fernuniversität) ... vorsichtig heraustrenne", diese sodann in der Zelle verstecke, um mich tagsüber, während der allgemeinen Arbeitzeit, damit zu beschäftigen.

Die Justizvollzugsanstalt verstieg sich gar zu dem "Argument", es bestünde die nicht ausschliessbare Möglichkeit, dass ich mich mit den Bildungsinhalten, die ich abends erlernen würde, tagsüber in meinen Gedanken beschäftigen könnte, weshalb gerade nicht sichergestellt wäre, dass ich nur ausserhalb der Arbeitszeiten Zugang zum Fernstudium besässe.

Dieses aktuelle Beispiel zeigt, dass die Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung und Information zumindest in Deutschland nur theoretisch, nicht aber praktisch gewährleistet wird. Nicht genug, dass man versucht, mir monatlich 363 Euro für die "Haftkosten" abzupressen, man dekretiert auch schlicht, dass ich mein Recht auf Bildung verwirkt habe. Deutlich wird dies an der beiläufigen Bemerkung des Gerichts, dass sobald ich mich der Zwangsarbeit unterwerfen würde, einem Fernstudium nichts im Weg stünde. Richter KLEINHEINZ nimmt "Dankesgrüsse" für seine "Rechts-sprechung" unter Telefax 0721-9262344 sicher gerne entgegen (bzw. per Post: Landgericht, Hans-Thoma-Str. 7, D-76133 Karlsruhe).




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last modified 23.11.2017 | webmaster