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Zum Prozeß gegen den Frankfurter Polizeivizepräsidenten W. Daschner wegen der Anordnung von Folter

Kurz zur Erinnerung: Der seinerzeitige Frankfurter Polizeivizepräsident Daschner ließ einem der Entführung eines Bankierssohn Verdächtigen unsägliche Schmerzen androhen, so dieser nicht umgehend das Versteck des entführten Kindes preisgebe. Im November 2004 begann gegen den nunmehr ehemaligen Polizeivizepräsidenten und einen Kriminalbeamten der Prozeß, u.a. wegen versuchter Nötigung in besonders schwerem Fall (Strafrahmen: 6 Monate
bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe).

Am 9.12.04 plädierte nunmehr die Staatsanwaltschaft und verlangte, die Angeklagten mit einer geringen Geldstrafe (!) zu belegen, wobei diese auch noch zur Bewährung auszusetzen sei, was in der Konsequenz bedeuten würde, daß sie die Geldstrafe nicht bezahlen müßten, sollten sie sich innerhalb der Bewährungszeit nichts zu Schulden kommen lassen.

Ein deutlicheres Zeichen, Folter und Folterandrohung zu legalisieren, konnte kaum gesetzt werden. Sollte das Gericht dieser lächerlichen Forderung der Staatsanwaltschaft folgen, wüßte künftig jeder Polizeibeamte, daß ihm - oder ihr (es sei an die folternde Soldatin Lindy England aus den USA erinnert) - nicht viel mehr als ein erhobener mahnender Zeigefinger, verbunden mit einem vertraulich zuzwinkernden Auge "droht", sollten er oder sie einem Festgenommenen Folter in Aussicht stellen.

Staatsanwälte fordern und setzen durch: Mehrmonatige Haftstrafen ohne Bewährung für Ladendiebe (so z.B. AG Heilbronn 2003: Für den Diebstahlversuch zweier Weinflaschen im Gesamtwert von 10 Euro wurden 2 Monate Freiheitsstrafe gefordert und verhängt), exorbitante Geldstrafen wegen "Beleidigung" von Politikern (z.B. AG Sonthofen 1997: Eine sechsstellige DM-Strafe gegen den Liedermacher Söllner, da dieser den bayrischen Hardliner Beckstein - bayrischer Innenminister - durch den Vergleich mit einem Klostein schwer in dessen Ehre gekränkt habe), geht es jedoch gegen Vertreter des Systems, ist diesen, was im Grunde durchaus logisch und konsequent sein mag, das Wohlwollen der Justiz sicher.

Der vor Gericht jammernde Daschner ("Ich bin seit Monaten einer Medienkampagne ausgesetzt") verteidigte uneinsichtig bis zum Schluß seine Folterdrohungen; der Staatsanwalt attestierte ihm ehrenwerte Motive! Es kann davon ausgegangen werden, Daschner betonte dies selbst mehrfach in Interviews, dass er bei nächster Gelegenheit wieder Folter androhen und einsetzen wird, falls es ihm beliebt, getreu dem Motto: Legal, illegal, scheißegal.

Entweder das Folterverbot gilt absolut, auch in Krisensituationen (und den einschlägigen Konventionen nach ist es sogar "notstandsfest", d.h. selbst im Krieg und Notstand ist Folter verboten), oder aber in Bälde wird in Deutschland unter ärztlicher Aufsicht fröhlich-unbeschwert gefoltert. 1933-1945 und das Mittelalter lassen grüßen; wozu lange und ressourcenverschwendend ermitteln, jagen wir ein paar deftige Stromstöße den Verdächtigen durch die Genitalien und der Fall ist (auf-)geklärt.

Daschner verteidigte sich unter anderem mit dem Hinweis, in Nordrhein-Westfalen sei in vergleichbaren Fällen auch schon Folter erwogen worden, dort mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft. Eine Aussage, die ziemlich unbeachtet blieb. Wer nun aber im linken Spektrum Verständnis für Daschner äußert, schließlich ging es um einen kleinen unschuldigen Jungen, der übersieht, dass gerade solche Fälle gezielt von der Justiz und Politik instrumentalisiert werden, um den Boden für weitreichende Einschnitte zu bereiten. Angesichts der "Terrorismushysterie", die Schily, Beckstein und Co. schüren, liegt es auf der Hand, daß - sollte Folter letztlich legalisiert werden - die politischen Gegner dieses Systems die ersten Folteropfer werden.




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last modified 21.11.2017 | webmaster