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Bundesgrenzschutz und Polizeistaat?!

Gerade im Zusammenhang mit den massiven Polizeieinsätzen anlässlich von CASTOR-Transporten mag es einmal informativ sein, sich mit dem auch hier einschlägigen Bundesgrenzschutz-Gesetz (BGSG) zu beschäftigen. So titelte das "Neue Deutschland" (eine sozialistische Tageszeitung) Mitte November: "CASTOR-Einsatz auf Weg in Polizeistaat" und berichtete über die Polizeibrutalität im Verlaufe des jüngsten Castor-Transports. So seien u.a. Traktoren beschlagnahmt und stillgelegt, Privatgrundstücke betreten und beschlagnahmt, Zäune niedergerissen und 1247 Menschen in Gewahrsam genommen worden; von den Körperverletzungen, gebrochenen Knochen, Hämatomen, umgeknickte Handgelenke und sonstigen Blessuren ganz zu schweigen.

Bei Castor-Transporten kommen neben -zig Hundertschaften der Polizeien der Bundesländer auch und gerade der Bundesgrenzschutz (BGS) zum Einsatz. Gemäß § 3 BGSG gehört zum Aufgabenfeld des BGS "auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren".

Die Bundesländer dürfen im Rahmen von § 11 BGSG Einheiten des BGS zur "Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung" anfordern. Die Befugnisse des BGS sind dabei sehr umfassend: Befragung von Personen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese sachdienliche Angaben für die Erfüllung einer dem BGS obliegenden Aufgabe machen können (§ 22 BGSG); Identitätsfeststellung vornehmen (§ 23); Personen vorladen - und das Erscheinen ggf. zwangsweise durchzusetzen - (§ 25); öffentliche Veranstaltungen filmen (§ 26); Beschattung, sowie Einsatz von Wanzen und Spitzeln (§ 28), Platzverweise erteilen (§ 38); Personen in Gewahrsam nehmen (§ 39); Personen durchsuchen - ggf. mit Entkleidung - (§ 43).

Soweit es zur Wahrnehmung der Aufgaben des BGS gehört, darf dieser gem. § 62 BGSG Grundstücke betreten und befahren und verlangen, dass der Grundstücksbesitzer z.B. an Mauern Durchlässe oder Übergänge einrichtet.

Die einzelnen Polizeigesetze der 16 Bundesländer enthalten den eben erwähnten Vorschriften vergleichbare Regelungen; wir sehen, das "Neue Deutschland" übertreibt nicht, wenn es den Begriff des Polizeistaats einführt. In der Verfassung dezidierter gesetzlicher Bestimmungen haben deutsche Beamtinnen und Beamte, wie allgemein bekannt, Erfahrung. Aber in einem Punkt irrt die erwähnte Tageszeitung, wir sind nicht auf dem Weg in einen Polizeistaat, sondern wir stehen und bewegen uns in mitten eines solchen.

Freilich dürfen wir uns darunter nicht nur einen brutalen faschistischen Staat a la Hitler vorstellen; heutzutage wird subtiler gearbeitet. Im Namen von öffentlicher Sicherheit oder Ordnung werden elementarste Menschenrechte konsequent eingeschränkt, beschnitten, ausgehebelt. Der/die "durchschnittliche" ArbeiterIn bzw. BürgerIn wird diesen Rechteverlust kaum registrieren, zwischen dem täglichen Kampf und der Sorge um Lohn und Brot und der Freizeitgestaltung vor dem Fernseher, in der Kneipe oder im Verein. Sobald man jedoch auch nur in minimalster Form staatliche Maßnahmen in Frage zu stellen beginnt, gerät jeder in Gefahr, von den staatlichen Verfolgungsorganen zumindest bespitzelt zu werden. Schon Kinder sind davon betroffen: So ermittelten Staatsschutz und Staatsanwaltschaft im Oktober/November 2003 gegen junge SchülerInnen, die spontan, anläßlich eines Besuchs der Kultusministerin aus Baden-Württemberg, in einem kleinen Ort eine Demo gegen ihre Schulpolitik veranstalteten (Mitte November wurde das Verfahren nach Protesten u.a. von SPD -und GRÜNEN-LandespolitikerInnen eingestellt):

Willkommen im 21. Jahrhundert!




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last modified 21.11.2017 | webmaster