de | en


index


texte


soli-aktionen


thomas


links


situation


karikaturen


impressum
Offener Brief eines wegen Terrorismusverdacht angeklagten Arabers

Seit dem Frühjahr 2002 sitzt unter anderem ein Herr Mohamed Abu Dhess in Deutschland in Isolationshaft. Man wirft ihm und einigen anderen Männern aus dem Nahen Osten vor, eine terroristische Vereinigung gegründet und Anschläge in Deutschland geplant zu haben. Schon an anderer Stelle berichtete ich über ihn, bzw. seinen Prozess ( Anti-Terror-K(r)ampf in Deutschland und OLG Düsseldorf beschneidet Moslem die Religionsausübung)

Nachdem Hr. Dhess nun im Oktober 2004 im SPIEGEL erneut dem Umfeld des laut Geheimdienstberichten im Irak tätigen Al-Zarkawi zugerechnet wurde, bat Hr. Dhess mich, für die Verbreitung seines folgenden - Zitat - "Offenen Briefes an die Medien" zu sorgen, er schreibt:


"Mein Name ist Mohamed Abu Dhess. Seit 2,5 Jahren bin ich nun schon in Isolationshaft wegen angeblicher Bildung einer terroristischen Vereinigung. Einziger Beweis für meine Anklage sind die Aussagen eines Phantasten, der von sich behauptet, dass er einmal der Leibwächter Osama bin Ladens gewesen wäre. Wer diese Person sieht, begreift sowohl an seinem Auftreten und seinen Ausführungen, dass er einen phantastischen Märchenerzähler vor sich hat, dem jeden Tag neue noch unwahrscheinlichere Geschichten einfallen. In einer völlig übersteigerten Terroristenhysterie stacheln sich Medien und Justiz immer mehr zu einer undifferenzierten Akzeptanz dieser Märchen auf. Begierig wird jedes Wort ohne Prüfung als Beweis aufgegriffen und in wilden Spekulationen weiter gesponnen. Allein meine Person betreffend avancierte ich in den Medien bereits zur angeblich 'rechten Hand Zarkawis', dessen Namen und Gesicht mir ebenfalls nur aus den Medien bekannt ist. Dessen Ziele ich noch nicht einmal näher kenne.

Ich hatte weder jemals Kontakt zu diesem "Zarkawi", noch zu dieser Gruppe um ihn. Nur was nützt mir jeder Widerspruch gegen die wilden Geschichten eines angeblichen 'Leibwächters und Freundes Osama bin Ladens'?! Das einzige, das man mir wirklich vorwerfen kann, ist, dass ich Araber und Muslim bin.

Aus diesem Grunde schreibe ich diesen offenen Brief an die hoffentlich noch vorhandenen Vertreter eines freiheitlichen Journalismus. Nicht nur um auf meine unerträgliche persönliche Lage hinzuweisen, sondern vor allem aus Sorge, dass diese tendenziöse und spekulative Berichterstattung eine gnadenlose Hatz auf alle Muslime einleitet und den Graben zwischen unseren Kulturen noch weiter vertieft. Ein solcher Journalismus arbeitet Hand in Hand mit jenen, die Gewalt und Tod verbreiten.

Lassen Sie das nicht zu!
Gezeichnet: Mohamed Abu Dhess, c/o JVA, Rochusstr. 350, D-50827 Köln


Soweit Hr. Dhess auf den angeblichen Leibwächter Osama bin Ladens hinweist, der ihn - Hr. Dhess - als Kronzeuge schwer belastet, ist der Süddeutschen Zeitung vom 3.11.2004 (Seite 5, "Motassadeq traf Osama bin Laden") zu entnehmen, dass Shadi Abdalla, jener Kronzeuge, nicht nur gegen Hr. Dhess aussagte, sondern nunmehr auch in Hamburg als Zeuge in einem völlig anderen Prozess auftrat, um dort den Marokkaner Mounir el Motassadeq zu belasten. Er behauptet, er habe Motassadeq während einer Rede bin Ladens in Afghanistan gesehen.

Das "Kronzeugen" die unwahrscheinlichsten Geschichten präsentieren, einerseits, um für sich selbst eine möglichst geringe Strafe zu erreichen, andererseits oftmals auch aus Geltungssucht, hat nicht zuletzt das Verfahren vor dem Kammergericht Berlin wegen der "Revolutionären Zellen" 2002 - 2004 gezeigt. Nachdem die Hysterie der 70-er und 80-er Jahre wegen angeblich linker terroristischer Bestrebungen abflaute, damit auch die Kronzeugenregelung an Bedeutung verlor, erleben Kronzeugen nunmehr im Verfahren gegen Muslime eine Renaissance!




Creative Commons-Lizenzvertrag           
last modified 21.11.2017 | webmaster