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Bruchsal - Haftsituation unverändert menschenunwürdig

Haftsituation unverändert menschenunwürdig im Bruchsaler Knast

Vor einiger Zeit berichtete ich exemplarisch über die Situation der Unterbringung in der JVA (=Justizvollzugsanstalt) Bruchsal: Dort seien zahlreiche Gefangene in eigentlich nur für einen Insassen gedachten Zellen vielfach zu zweit untergebracht. Der Herr Anstaltsleiter Müller unterstütze gar eine Petition der Gefangenenvertretung, welche sich mit ihrer Eingabe an den Landtag von Baden-Württemberg gewandt hätten.

Nun berichtete am 22.10.2005 die Bruchsaler Rundschau unter der Überschrift: „Jeden Abend froh, wenn es nicht gerumpelt hat“, über eine Tagung der Gewerkschaft Strafvollzug. Danach sind im Bruchsaler Gefängnis die 391 Zellen mit 483 Gefangenen belegt. 59 Zellen teilen sich jeweils zwei Insassen. Der Anstaltsleiter betone, dass diese Situation den Europäischen Vollzugsgrundsätzen widersprächen, die Belastung des Personals steige und so am Ende auch Zeit für die „Bemühungen um Resozialisierung“ fehle.

Der Herr Leitender Regierungsdirektor Müller bräuchte nicht einmal „Europäische Vollzugsgrundsätze“ bemühen, ein Blick in die deutsche Verfassung, oder in einschlägige Gerichtsentscheidungen Karlsruher Richter würde ihm vor Augen führen, dass die von ihm geübte Praxis hier in der JVA Bruchsal menschenunwürdig ist.
Neben dem Vorwurf von Willkür ist der, ein Beamter verletzte Artikel 1, Absatz 1 Grundgesetz (nämlich die Menschenwürde), wohl gravierenst. Und es kann nur erneut festgestellt werden, dass hier systematisch die Menschenwürde nicht von einem oder zwei Gefangenen, sondern von dutzenden Inhaftierten tagtäglich verletzt wird. Bei 59 Zellen, die jeweils mit zwei Gefangenen belegt sind, ergibt das 118 Häftlinge!

Ihnen steht eine winzige Zelle von acht bis neun Quadratmetern zur Verfügung, zwei Stühle, zwei Tische, zwei Schränke und eine lediglich durch einen Vorhang verdeckte Kloschüssel. Sie müssen also den Gestank und die Geräusche, welche bei einer Toilettenbenutzung zwangsläufig entstehen, wechselseitig erdulden.

Eigentlich sollte man meinen, ein Staat der behauptet, er wolle Gefangene resozialisieren, sie also an ein Leben ohne Straftaten heranführen möchte, dass ein solcher Staat penibel darauf achtet, mit gutem Beispiel voran zu gehen und die Minimalrechte der Inhaftierten zu achten.
Wie wirkt es auf Menschen, die zugegebenermaßen oftmals in grober Weise Rechte anderer verletzt, vielfach auch nur marginale Gesetzesverletzungen begangen haben, wenn diese Tag für Tag am eigenen Leibe erfahren oder beobachten können, wie die Anstalt - straflos - Gefangene tief greifend in ihrer Menschenwürde verletzen darf?

Ihnen wird so tagtäglich deutlich gemacht, dass nicht einmal der Kern ihres Mensch-sein, nämlich ihre Würde etwas zählt. Zugespitzt und etwas polemisch formuliert, werden sie wie ein Stück Vieh in einen Käfig gesperrt - nur mit dem Unterschied, würden Tiere ähnlich behandelt, die Tierschutzvereine energisch protestierten. Da es jedoch „nur“ um Gefangene geht, beschränkt sich der Protest auf einige wenige Anti-Knastinitiativen oder vollzugskritische Beobachter.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal
homepage: http://www.freedom-for-thomas.de




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last modified 23.11.2017 | webmaster